8. Unter-Tage Marathon Sondershausen

Wann:
So, 6. Dezember 2009
Kategorie:
2009

Untertage Marathon Sondershausen - 06.12.2009

 

Teilnehmer:

237. Peter Plagemann           5:36;33 Stunden           48. M45     Zunge raus

 

 

Die Reise in die Unterwelt, oder wenn du denkst du kannst nicht mehr, dann kommt von irgendwo ein Lichtlein her!
 
Bekanntlich sind ja alle Guten Dinge drei und unter diesem Motto bin ich dann doch noch einmal nach Sondershausen zum Untertagemarathon gefahren. Dabei wie immer Petra, und diesmal mein persönliches Trainerteam Rainer und Mary. Während ich mich mit Powerriegeln, Kohlehydratgetränken und alles was der Läufer so braucht ausgerüstet hatte, nahm der Rest der Truppe nur Sekt, Gläser und Geld mit auf die Reise. Was braucht man auch mehr wenn man sich acht Stunden  im Schacht aufhält, und ab und zu mal seinen Läufer anfeuern muss. Nein, dies ist keine Kritik sondern einfach nur ein Großes, Fettes, Liebes  Danke an euch drei, denn ihr wart mein Antrieb.
Diesmal ging alles irgendwie schneller wie sonst und so waren wir schon eine Stunde vor Start unten im Start und Zielbereich. Leider mussten wir auf die legendären Autofahrten durch den Stollen verzichten weil dieses Mal alles über Hauptaufzug abgewickelt wurde.
Im Aufzug merkt man dann aber schon wer hier zum ersten Mal dabei ist. Die Gesichter der Neulinge sind schon sehr angespannt, was mir dann doch ein leichtes Lächeln ins Gesicht treibt, tja ich kenn mich halt scho aus da unten.
Nach vier Minuten sind wir unten  und jetzt kann man sich mit den Startvorbereitungen ablenken, denn die Nervosität steigt immer mehr an. Obwohl ich ja genau weiß was auf mich zukommt, zieht sich mein Magen immer mehr zusammen. Schließlich hab ich ja vorher eine mächtig große Klappe riskiert und habt jedem erzählt das ich erst wieder nach oben fahre, wenn ich dieses Mal komplett durch gelaufen bin egal wie lange das es dauern würde. Also gab es kein Zurück mehr, diesmal musste es einfach klappen. Ich hab es nicht gezählt wie oft ich mich irgendwo an die Stollenwände gestellt hab und ein paar Spritzer Angstwiss loszuwerden.  Jedem der mich anschaut quatsche ich voll nur um mich ab zu lenken, klappt aber irgendwie nicht so richtig. Endlich geht es ab zum Vorstart, und dann schlägt der Gong und wir werden losgelassen. Mit einem ruhigen und leichten Trapp geht es zum offiziellen Start.
Einmal noch kurzer Stopp, das Läuferfeld schiebt sich wieder zusammen, und dann geht’s ab. Endlich ich denke ich mir, denn jetzt kannst du dich auf der Strecke abreagieren, die Nervosität ist jetzt Gott sei Dank weg,  und von nun ab heißt es Runde um Runde durch zu kämpfen, damit das Ziel auch erreicht wird.
Die ersten schweren, vor allen Dingen langen Steigungen beginnen, entlang des sogenannten Autofriedhofes. Alte ausrangierte Lastwagen die man nicht mehr braucht, glotzen dich mit ihren verstaubeten Scheinwerfern an. Alles geht noch locker von der Hand, bin einfach gut drauf, sage ich mir wenigstens immer wieder. Du quatsch mit den anderen, lernst immer wieder neue Läufer kennen und irgendwann kommst du zu der Erkenntnis, wir Läufer sind schon ein verrücktes Völkchen.
„Hey Freaky, du läusfst doch immer nur Freitags oder?“ schreit mir einer hinterher, und dann machen wir Witze über Freitag den 13. und diesen Horrorfilm.“ Ja sage ich zu ihm am Freitag den 13. bin ich immer Sieger, weil ich dort immer mit der Kettensäge laufe, “ er kann fast nicht mehr weiterlaufen vor lauter lachen. Noch können wir lachen, aber das ändert sich bestimmt bald.
Gleich ist auch schon die erste Runde vorbei, und meine Drei stehen an der Strecke und jubeln mir zu, das gibt Auftrieb. Jetzt geht es auf die zweite Runde und da lern ich ein Pärchen kennen, das schon im Hunderter Marathonclub ist. Zwei nette Leute. Als wir zwei Männer dann alleine sind, seine Frau war einfach zu schnell für uns, erzählt er mir, dass sie bei ihr Brustkrebs festgestellt haben und sie sich heute nochmal den Teufel aus dem Leib rennen will bevor es zur Chemo geht. Man denke ich mir so ist das Leben, auf und ab, genauso wie dieser Lauf. Da fällt mir auf einmal der Michi Meier ein. Hat es auch nicht leicht gehabt im Leben, und war doch immer zufrieden. Leider wurde er nur 17. Jahre alt, aber ich hab gelernt von ihm, dass man manche Dinge ebenso nehmen muss wie sie sind.
Die dritte Runde ist die schlimmste, haben mir vor dem Lauf einige erzählt. Und was soll ich sagen, sie haben recht behalten. Auf einmal hatte ich das Gefühl, ich hätte in den ersten beiden Runden meine ganze Kraft verblasen und schon jetzt begann ich echt zu kämpfen mit der Strecke. Jede Steigung ging ich langsam nach oben um dann wieder locker weiter zu traben. Am Höllenberg, ich nenn diese 18% tige Steigung einfach mal so, hing ich wie ein Schluck Wasser in der Kurve. Jetzt beginnt echt die Kopfarbeit, und der Wille dass du durch halten musst. Ich weiß ja nicht wie es denn anderen hier geht aber manchmal war ich auf einmal froh wenn ich im Dunkeln laufen konnte damit keine sehen konnte wie scheiße es mir ging.
Die Verpflegungsstationen, waren eine gern gesehene Abwechslung.  Zwei Becher Wasser, einen Becher Früchtetee, ein paar Orangenstücke und jede Menge Rosinen. Alle 2,5 Kilometer dasselbe Ritual. Irgendwann hab ich dann den Früchtetee mit der berühmten Vitacola ausgetaucht. Auf der langen Zielgeraden die leicht abschüssig ist, überleg ich mir welches Gesicht ich aufsetzte wenn ich jetzt zu meinen Betreuern komm. Immer lächeln dachte ich mir. Mary baut mich auf in dem sie sagt, wie gut ich doch immer noch aussehe, richtig fit, man Frauen können ganz schön schwindeln. Petra schmettert mir noch mal einen langen Schmatz auf meine salzigen Lippen und Rainer gibt  mir letzte Tipps. Peter sagt er,  mach ruhig, nicht überziehen, bleib locker. Wie was überziehen, wie locker bleiben wenn du Bleiwaden hast. Ich glaub der hat vor lauter Sekt vergessen das ich in die letzte Runde muss, wie soll ich denn da über ziehen, oder gar das Tempo hoch halten.
Oh man war das hart. Von jetzt ab bekam ich leichte Krämpfe in Wade und Oberschenkel. Verdammt, nicht jetzt schon dachte ich mir, ich will da durch egal wie. Am Berg versuchte ich es mit rückwärst hoch laufen, oder seitwärts, half ab alles nichts. Noch einmal am Autofriedhof vorbei, um mich von den Schmerzen abzulenken hab ich in die dicke Staubschicht auf einer Autoscheibe unseren Namen geschrieben.  Dort steht jetzt für immer F- F- R- B. Gedanklich machte ich mich jetzt mit dem letzten Anstieg des Höllenberges vertraut. Schritt für Schritt kämpfte ich mich nach oben. Kein Mensch weit und breit, ganz alleine, nur die Musik im Ohr. Heavy Metal genauso hart wie die Strecke. Endlich oben angekommen. Ich blieb kurz stehen, drehte mich um schaute noch mal runter und dachte mir,  diesmal hab ich dich gepackt du Hund. Jetzt wollte ich eigentlich einfach nur weiter laufen aber die Krämpfe. Auf einmal kam eine ganze Horde Läufer. Scheiße jetzt wirst du Letzter dachte ich mir, aber das wollte ich dann doch nicht. Also ging’s mit Schmerzen und harten Schenkeln weiter in Richtung Ziel. Die letzte Verpflegung, hier sagte man mir das noch mindesten 18 Läufer hinter mir sind, also doch nicht Letzter,  das letzte Mal deinen Chip ab scannen lassen. So langsam schlich sich schon der Gedanke ein dass ich es diesmal gepackt habe, im dritten Anlauf diesen, harten und schweren Lauf gepackt zu haben. Einfach nur noch laufen, die Wege werden breiter, das Licht heller, alles Hinweise darauf  dass es gleich vorbei ist. Kopfhörer rausnehmen,  weil ich den Jubel für die Finisher hören will. Eine Kurve noch und jetzt Helm runter, Arme hoch, meine drei Begleiter brüllen was sie können, und ich kann sogar noch ins Ziel springen.
Piep, Piep, jetzt ist es rum!
„Endlich mal einer der lacht wenn er uns sieht“, meine der Herr von der Zeitnahme.  
 Ich bin Untertagemarathon-Finisher---GEIL!!!!!!!  
Ich bin so happy, denn ich wollte das unbedingt und jetzt hab ich das gepackt. Irgendjemand hängt mir die Medaille um, aber das merke ich eigentlich gar nicht so richtig. Mein Kreislauf fällt in den Keller und ich sehe aus wie ein Becher Jogurt ohne Früchte. Rainer fängt mich auf und redet mit mir, aber ich weiß gar nicht was. Ich lauf mal ein paar Schritte links dann wieder rechts, weiß eigentlich gar nicht was ich tue, so fertig bin ich.  Irgendwann sitz ich dann neben Joe, der sich Laufjoe nennt. Super der Lauf-Opa und der Laufjoe. Jeder beglückwünscht jeden, weil alle happy sind. Nachdem es mir langsam wieder besser geht, packen wir unsere Sachen und fahren wieder nach oben. Wow endlich wieder frische Luft. Ich gönne mir eine extra lange Dusche, und beobachte dann einen jungen Burschen, wie er es nicht mehr schafft seine Socken anzuziehen. Super wenigstens einen den es schlechter geht wie mir, nein keine Schadenfreude sondern einfach nur das Gefühl das du Alter Sack besser drauf bist als der Jüngling.
Tschau Sondershausen, Tschau Brüggemanschacht, ich glaube nicht das ich nochmal wieder komme, aber man soll ja nie nie sagen.
Auf der Heimfahrt wird viel gequatscht und dann hab noch einen Sieg errungen. Ich bin nämlich Schlagerkönig geworden weil ich die meisten alten Schlager erkannt habe und auch noch wusste wer sie singt. Aber ist das bei einem 61ziger Baujahr auch kein Wunder, wir hatten doch früher nur Radio.
Danke Petra, Mary und Rainer! War ein toller Tag mit euch.
Euer Lauf-Opa
 
PS. Auf der Seite Marathon4yougibt es einen klasse Bericht vom Lauf!
 

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